Ein Konflikt ist eine Situation, in der sich „zwei scheinbar unvereinbare Standpunkte/Handlungswünsche gegenüber stehen. Der Handlungswunsch der einen Person schließt den Handlungswunsch der anderen Person aus.“ (Besemer 2009, 14).
Wenn sich beispielsweise zwei Teilnehmerinnen in einem Kurs streiten und die eine Person den Kurs als eine gute Möglichkeit des Erwerbs neuer Einsichten und Kompetenzen sieht und die zweite Person das Angebot als Zwangsmaßnahme auffasst, die man absolvieren muss, damit die Unterrichtserlaubnis oder bestimmte Leistungen, die man erhält, nicht gefährdet wird und die sowieso nichts Neues vermittelt, und beide eine hitzige Diskussion führen, scheinen die Standpunkte der beiden involvierten Personen vielleicht zunächst unvereinbar, da beide den Kurs von unterschiedlichen aus Standpunkten betrachten. Die Standpunkte stoßen aufeinander.
Beide Konfliktparteien argumentieren dabei aus ihrer eigenen Realität und Wahrnehmung heraus. Entsprechend sind Konflikte Teil einer Realitätskonstruktion, die individuell, gruppenspezifisch, gesellschaftlich und kulturell geprägt sind. Der Konfliktforscher Lederach (2014) betont, dass Konflikte dazu dienen, unterschiedliche Realitätsauffassungen zu verhandeln, die aufeinander stoßen. Hier sind Konflikte also Lebensausschnitte, die auf vielfältige Realitäten („multiple realities“) verweisen und die Verhandlung einer gemeinsamen Lösung und Bedeutung fordern und somit Veränderung einleiten.
Die Konflikttransformation soll dabei helfen, Konflikte in einer bestimmten, plötzlichen Situation zu verändern, zugrundeliegende Verhaltensweisen und Kontexte zu erforschen und einen konzeptuellen Rahmen zu entwickeln, um Konflikte im systemischen Kontext zu verstehen und zu lösen.
Konflikte sind oftmals langfristige Prozesse, die sich in Beziehungsgefügen abspielen und eine Betrachtung von unterschiedlichen Seiten und aus verschiedenen Perspektiven erfordern. Über Kommunikation- und Konfliktlösungsstrategien können diese sozialen und kulturellen Realitäten aufgedeckt und verhandelt werden. Konflikte sind alltäglicher und normaler Bestandteil des menschlichen Lebens und nach Augsburger (1992, 21) sogar wünschenswert, da sie zur Veränderung anregen. Dennoch erleben die meisten Menschen nicht gerne Konflikte.
Interkulturelle Konflikte beeinhalten eine Realitätsebene, die kulturell ist und den Konflikt um eine weitere Wirklichkeitsdimension erweitert (Mayer, 2008). Diese erweiterte Ebene von Realität bedarf besonderer Beachtung im Konflikt, denn sie beeinflusst das Erleben und Geschehen gravierend. Mit dieser kulturellen Ebene hängen besonders die Wertorientierungen zusammen, denn Werte sind kulturell geprägt und beeinflussen das Handeln und die soziale Interaktion (Mayer, 2006). Zudem sind diese an die Wahrnehmungen, Interpertationen, Intentionen und den Ausdruck von Konflikten gebunden. Denn, diese vier Bereiche werden durch die Kultur geprägt und sind kulturbedingt in einem Individuum verankert. Daher haben interkulturelle Konfliktsituationen einen sehr hohen Komplexitätsgrad.